Patagonien, die ferne Region am Ende der Welt, hält die eine oder andere Überraschung bereit. Vier Wochen lang waren wir hier mit Mietwagen und Zelt unterwegs. Dabei haben wir einige interessante, wissenswerte aber auch kuriose Fakten über die Region gesammelt. Über die Natur, die Kultur und das Essen. Insgesamt mehr oder weniger simple Kleinigkeiten, die für deine Reise nach Patagonien jedoch hilfreich sein könnten.
Hier sind unsere 11 Fakten zu Patagonien.
#1 Es ist immer windig. Immer!
Zerzauste Haare, aufgeplusterte Jacke und schön die Mütze festhalten. Patagonien ist bekannt für seine starken und ausdauernden Winde, die im patagonischen Sommer am kräftigsten wehen. Immerhin gibt es dafür zu dieser Jahreszeit selten Regen (wir hatten tatsächlich nur 2 Regentage in 4 Wochen). In Feuerland sind die Winde am stärksten und erreichen oftmals Geschwindigkeiten über 100 km/h. Am eindrucksvollsten sieht man dies an den vielen schrägen, vom stetigen Wind geformten Bäumen.
Während unseres Roadtrips durch Patagonien und Feuerland verging kein Tag ohne Wind. Wir bestiegen Berge oftmals unter doppelter Anstrengung und hatten Mühe, unser Gleichgewicht bei dem kräftigen Gegen- oder Seitenwind zu halten. Kämpften täglich mit den Autotüren, die entweder kaum aufzubekommen waren oder mit beiden Händen festgehalten werden mussten, damit sie nicht aus der Verankerung gerissen werden. An manchen Abenden verzichteten wir sogar auf das Aufstellen unseres (sturmerprobten!) Zeltes. Zu laut und ungemütlich wären die Nächte geworden, an denen der Wind unerbittlich am Zelt zerrt.
Aber es macht unheimlich Spaß, sich gegen den Wind zu stellen. Und wir werden nie, wirklich nie wieder behaupten, in Hamburg wäre es windig!
#2 Entfernungen sind relativ
Patagonien ist wunderschön – aber auch riesengroß! Allein der argentinische Teil Patagoniens ist doppelt so groß wie Deutschland. Die Entfernungen zwischen zwei Sehenswürdigkeiten oder Orten sind meistens enorm. „Um die Ecke“ bedeutet in Patagonien schnell mal 200 km. Hast du also nur begrenzt Zeit in Patagonien, solltest du deine Reiseroute vorab sorgfältig planen. Entfernungen können oft stark unterschätzt werden.
Viele Straßen führen hunderte Kilometer kerzengerade durch öde Pampa. In dieser schier endlosen Weite der staubigen, flachen und windgepeitschten Steppenlandschaft, gibt es nicht viel mehr zu sehen als gelb leuchtendes Steppengras, manchmal auch kleinere Büsche, viele Guanakos und ab und zu Schafe und Nandus.
#3 Du kannst an nur einem Tag alle vier Jahreszeiten erleben
Patagonien ist geprägt von raschen Wetterumschwüngen und extremen Winden. So kannst du an einem Tag, ja sogar innerhalb einer einzigen Stunde, alle vier Jahreszeiten erleben. Wir haben es bei der Wanderung zum Mount Fitz Roy im Los Glaciares Nationalpark hautnah erlebt. Soeben haben wir noch in der warmen Sonne das fantastische Bergpanorama genossen, als plötzlich dunkle Wolken aufzogen. Es wurde schlagartig kühler, der Wind kräftiger und Graupel setzte ein. Kurze Zeit später ging dieser dann auch noch in dicke Schneeflocken über.
Und genau deshalb solltest du in Patagonien immer regenfeste, winddichte sowie warme Kleidung zur Hand haben. Am besten bewährt sich hier das Zwiebelprinzip.
#4 Eile existiert in Patagonien nicht
„Tranquilo“ ist hier das Stichwort. Ruhe und Gelassenheit werden in Patagonien ausgiebig zelebriert. Es ist völlig normal, dass selbst am Heiligen Abend im Supermarkt nur zwei Kassen geöffnet sind. Und während die Kunden bis zum anderen Ende des Ladens eine Schlange bilden, halten die anderen Angestellten gemütlich einen Plausch. Oder der Tanklastzug, der zwei Stunden benötigt, um die Tanks aufzufüllen, weil Tankwart und Fahrer erst einmal gemütlich Kaffee trinken. Wozu die Eile? Zeit gibt es in Patagonien zur Genüge. Und das Schönste ist: niemand stört sich daran. Alle warten entspannt, bis sie irgendwann dran kommen.
Nur beim Autofahren haben die Argentinier es plötzlich eilig. Weiter geht’s also mit dem nächsten Punkt.
#5 Argentinier kennen keine Tempolimits
Geschwindigkeitsbegrenzungen werden in Argentinien nicht sehr ernst genommen und eher als Richtwerte gesehen. Generell fahren die impulsiven Argentinier recht zügig und grundsätzlich immer schneller als du. Selbst wenn du bereits 10 km/h zu viel auf dem Tacho hast – die Argentinier fahren mindestens 10-20 km/h schneller und überholen dich. Egal wo, egal wann, egal wer. Selbst die Polizei überholt dich gnadenlos. Scheint wohl ein angeborener Reflex zu sein. Die Chilenen hingegen fahren viel relaxter und beachten (meistens) die Verkehrsregeln.
Apropos Verkehrsregeln: diese sind sowohl in Chile als auch in Argentinien etwas „anders“. Willst du deinem Hintermann zeigen, dass er dich überholen kann, blinkst du links (als würdest du selbst überholen wollen).
Willst du einparken oder taucht ein Hindernis auf der Straße auf (Tiere, Polizeikontrollpunkt, etc.) schaltest du unverzüglich den Warnblinker ein und bremst auf Schritttempo ab.
#6 Vergiss deinen Diätplan
Wer es süß mag, ist in Südamerika sehr gut aufgehoben. Wer jedoch nicht so der Sweety ist, bekommt hier rasch Probleme. Denn die meisten Lebensmittel in Chile und Argentinien sind extrem süß. Das Brot schmeckt wie Milchbrötchen, der Naturjoghurt ist gesüßt, ja selbst dem gemahlenen Kaffeepulver wird Zucker beigemengt. Das ist weder gesund noch förderlich für eine (schlanke) Figur.
Selbstversorgern bleibt immerhin noch die Möglichkeit, auf viel Obst und Gemüse umzusteigen (was in Patagonien wirklich frisch ist) sowie die Inhaltsstoffe der Produkte genau zu studieren. Das einzige Brot, das halbwegs an den Geschmack von Weißbrot herankam, fanden wir in argentinischen Supermärkten. Die baguette-ähnlichen Brote werden portioniert in Plastikbeutel verpackt und nach Gewicht bezahlt.
Restaurants, besonders in Argentinien, sind nichts für Vegetarier, denn nirgendwo sonst wird so viel Fleisch konsumiert wie hier. Fleischliebhaber kommen entsprechend auf ihre Kosten. Und das zu unschlagbaren Preisen.
#7 Rotwein gibt’s im Überfluss
Gehen wir doch mal vom Essen zum Trinken über. Die klimatischen Bedingungen in Chile und Argentinien bringen hervorragende Rotweine hervor. Wer guten trockenen Rotwein schätzt, schwelgt hier im Paradies. Die Weinregale der Supermärkte sind üppig gefüllt mit köstlichem Malbec, Syrah, Carménère, Merlot und Cabernet Sauvignon. Die Auswahl an einheimischen Weinen ist riesig, sodass du dich vermutlich selbst in drei Monaten nicht annähernd durch das Sortiment trinken kannst. Nebenbei erwähnt kostet selbst ein edler Tropfen selten mehr als 10 € – der Standard liegt bei umgerechnet 3-5 € pro Flasche. Besonders angetan haben es uns die Rotweine aus dem argentinischen Mendoza sowie aus der chilenischen Region des Valle Central.
#8 Spannung am Grenzübergang
Sowohl in Chile als auch in Argentinien gilt ein Einfuhrverbot für frische Nahrungsmittel. Das betrifft u.a. Obst und Gemüse, Fleisch und Wurst, Milchprodukte und Honig. Verstöße werden mit hohen Bußgeldern geahndet. Alles ist wunderbar in einem Flyer beschrieben, der an den Grenzübergängen aushängt.
An sich alles logisch und nachvollziehbar. Doch gehen die Grenzbeamten leider unterschiedlich vor. Wir überquerten vier Mal an unterschiedlichen Stellen die Grenze zwischen Chile und Argentinien und wir wussten nie, was uns erwartet. Mal wurde der komplette Kofferraum inklusive unserer Kleidung durchsucht, mal kamen Spürhunde zum Einsatz und einmal wurde überhaupt nicht kontrolliert. An einer Grenze mussten wir eine geöffnete Packung getrockneter Linsen wegwerfen, an einer anderen durften wir sie behalten. Gleiches mit einer Tube Ketchup. Von anderen Reisenden hörten wir, dass sie sogar eine geöffnete Milch mitnehmen durften.
Bevor du also ein Bußgeld riskierst, zeig lieber sofort den Beamten all deine Lebensmittel und lass sie einfach entscheiden, was vernichtet werden muss.
#9 Kein Gipfel ohne Geröllfeld
Die Wanderung zur Base de las Torres im Torres del Paine Nationalpark, der Cerro Guanaco Trail in Feuerland oder die Laguna Torre am Fitz Roy Massiv – nur um einige Beispiele zu nennen. Alle Gipfelwanderungen haben eines gemeinsam: Das letzte Stück verläuft mit ganz großer Sicherheit über ein (meist sehr steiles) Geröllfeld. Da mögen die ersten Stunden noch so schön durch dichte Wälder oder über grüne Wiesen führen – am Ende hast du noch mindestens eine halbe Stunde Aufstieg über Geröll vor dir.
- Wandern in Patagonien: Unsere schönsten Tageswanderungen in Chile & Argentinien
#10 Guanakos sind nicht immer Angsthasen
Guanakos gehören wie selbstverständlich zum Landschaftsbild in Patagonien. In größeren Familienverbänden grasen die „wilden“ Lamas aus der Familie der Kamele nicht selten direkt an der Straße. Mit ihrem dichten, wolligen und goldenen Fell sehen sie unheimlich süß und knuddelig aus. In ihren Lauf- und Fluchtwegen sind sie jedoch unberechenbar.
Für gewöhnlich lässt sie ihr ausgeprägter Fluchtinstinkt sofort und direkt in die Pampa flüchten, sobald sich ein Fahrzeug nähert oder sie ein Geräusch aufschreckt. Aber manchmal benehmen sie sich auch wie ein Haufen aufgeschreckter Hühner, rennen wie von der Tarantel gestochen panisch davon, nur um urplötzlich einen Haken zu schlagen und dir direkt vors Auto zu rennen. Andere wiederum bleiben lässig einen halben Meter neben der Straße stehen, recken ihren langen Hals und starren dich hypnotisch an.
#11 In Patagonien spricht man nicht nur Spanisch
Die offizielle Sprache in Patagonien ist Spanisch. Wundere dich aber nicht, wenn du Deutsch, Englisch, Tschechisch oder Walisisch hörst. Die Region wurde früher von europäischen Einwanderern besiedelt, die ihre Sprache oftmals beibehalten haben. Dennoch ist das mittlerweile eher die Ausnahme.
Spanischkenntnisse oder zumindest ein Basiswortschatz sind in Patagonien absolut von Vorteil. Gerade in den entlegeneren Regionen sprechen die Einheimischen nur Spanisch. Selbst in einigen Nationalparks können die Mitarbeiter kaum oder gar kein Englisch. Oder sie wollen einfach nicht.
Die gute Nachricht: Du kannst auch ohne Spanischkenntnisse nach Patagonien reisen. Auch wir haben es geschafft, mit Geduld, Mimik und Gestik alle notwenigen Infos zu bekommen und uns sogar auszutauschen. Wir fragten auf Englisch, die Einheimischen antworteten auf Spanisch. Das sah und hörte sich bestimmt sehr lustig an.
Dennoch haben wir uns nahezu täglich gewünscht, mehr als nur einige Worte sagen zu können, um mit den netten Menschen vor Ort ausgiebiger kommunizieren zu können. Zumal sie auch immer so gerne Scherze gemacht haben.
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