Unser verlängertes Wochenende über den 3. Oktober verbringen wir mit jeweils 2 Tagen in Athen sowie Sofia. Beide Landesküchen sind für ihre hüftgold-fördernde, kalorienreiche und deftige Küche bekannt, die wir natürlich auch intensiv nutzen. Wer jedoch so viel schlemmt, sollte sich zum Ausgleich auch bewegen. Also ab in die Berge!
Das Vitosha-Gebirge ist der erste Nationalpark Bulgariens und erhebt sich südlich der Hauptstadt Sofia. Seine Ausläufer reichen bis in die Vororte, so dass das Gebirge die Kulisse der Stadt beherrscht. Nicht nur für die Einheimischen ist es ein beliebtes Naherholungsgebiet, sondern auch für zahlreiche Wanderer und Touristen. In keiner europäischen Hauptstadt ist es so einfach, den Städtetrip mit einer Wanderung zu kombinieren. Der Nationalpark beherbergt mehr Pflanzen- und Tierarten als jedes andere europäische Gebirge. Zudem verfügt er über viele ausgeschilderte Wanderwege, Rastplätze, Cafés sowie Berghütten für Mehrtagestouren. Im Winter ist das Vitosha-Gebirge ein beliebtes Skigebiet für die Bulgaren.
Wir starten unsere Wanderung an der Kirche von Bojana, am nördlichen Fuße des Gebirges. Die orthodoxe Kirche mit Wandzeichnungen und Fresken aus dem 13. Jahrhundert gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und kann gegen eine Gebühr von 10 Leva mit einem Guide betreten werden.
Nach nur wenigen Minuten erreichen wir den Stadtrand und das Tor zum Nationalpark. Wir haben die Wahl zwischen zwei Aufstiegen zum Bojana-Wasserfall – unserem Zwischenziel. Direkt den steilen Berg auf unbefestigtem Waldboden in 45 Minuten hinauf kraxeln oder linkerhand einen schönen Wanderweg in rund 1 Stunde 15 Minuten nehmen. Entsprechend unseres „Stadt-Outfits“ entscheiden wir uns für den einfacheren Weg und biegen nach links ab. Es geht stetig leicht bergan. Sonnenstrahlen fallen durch das lichter werdende, aber immer noch grüne Blätterdach. Rotes und braunes Laub ziert den Boden, ein angenehmes Rascheln ertönt. Der Herbst hält Einzug. Unterwegs zum Wasserfall finden sich immer wieder tolle Fotostopps, bei denen man den Blick über Sofia schweifen lassen kann. In der Ferne erblicken wir sogar das Balkan-Gebirge.
Wie sich später im Gespräch mit drei Jungs aus Berlin herausstellen wird, haben wir uns für den richtigen Weg entschieden. Der steile Pfad sei – zumindest ohne vernünftiges Schuhwerk – meist auf allen Vieren zu bewältigen.
Der Bojana-Wasserfall ist mit seinen 18 Metern der höchste Wasserfall des Vitosha-Gebirges und lädt zu einer kleinen Rast oder gar einem Picknick ein. Wir genießen das Rauschen des herabstürzenden Wassers, das Zwitschern der Vögel und die frische Luft.
Keine 20 Minuten Fußmarsch später machen wir unsere zweite Rast an der Momina Skala Berghütte, welche jetzt zur Nebensaison nur einen kleinen Kiosk sowie eine große und menschenleere Wiese mit Picknickbänken und einem Kinderspielplatz vorzuweisen hat. Wir machen es uns mit einem kühlen Bier auf einer Picknickbank gemütlich und genießen die warmen Sonnenstrahlen.
In Sofia erhielten wir die Auskunft, dass wir mit einem Linienbus von unserem geplanten Wanderziel, den Golden Bridges, in die Stadt zurückkehren zu können. Da uns der Fahrplan nicht bekannt ist, versuchen wir uns an der Verständigung mit der bulgarischen Besitzerin der Hütte. Unter Einsatz von Händen und Füßen können wir ein Nicken bei „Taxi“ und Kopfschütteln bei „Bus“ ausmachen. Wir gehen also davon aus, ein Taxi im Nirgendwo auftreiben zu müssen. Ein deutsches Paar neben uns, mit dem wir ins Gespräch kommen, hat einen längeren Wanderweg von der anderen Seite des Gebirges genommen. Beide haben den ganzen Tag kaum Wanderer oder gar offene Hütten gesehen. Es bleibt also zu hoffen, dass das Restaurant an den Golden Bridges geöffnet hat, um uns im Notfall ein Taxi bestellen zu können. „Ach“ sagen wir uns, „wird schon klappen. Irgendwie.“
Inzwischen ist es bereits später Nachmittag und mit den neuen Infos sollten wir nun erst recht keine Zeit vertrödeln und die letzte Etappe in Angriff nehmen. Ungefähr 40 Minuten werden wir für die letzten Kilometer brauchen. Wir verabschieden uns von dem Paar, wünschen den beiden gutes Gelingen für ihren Heimweg und verlassen die Berghütte nach links auf den Forst- und Wirtschaftsweg. Wir hätten uns besser mal selbst gutes Gelingen wünschen sollen, denn nach einiger Zeit sagt uns unser Orientierungssinn immer deutlicher, dass wir die falsche Richtung eingeschlagen haben. Die Sonne neigt sich bereits dem Horizont entgegen. Höchste Zeit umzudrehen und flotten Schrittes nun hoffentlich dem Ziel entgegen. Wir passieren erneut die Berghütte. Also alles auf Anfang und nach rechts auf den Forstweg. Eine halbe Stunde später erreichen wir etwas angespannt unser Ziel. Zu unserer Erleichterung parken vor dem Restaurant Autos und im Biergarten sitzen einige Gäste. Der Anruf bei der Taxi-Zentrale sei damit gesichert.
Ein paar 100 Meter hinter der Hütte soll die Bushaltestelle sein und wir versuchen unser Glück zuerst dort, bevor wir unsere Lage im Restaurant erläutern müssen. Auf dem Weg zur Haltestelle passieren wir eine charakteristische Sehenswürdigkeit des Vitosha-Gebirges: Steinflüsse und Blockhalden, die oft fälschlich als Moränen bezeichnet werden. Hier in der Gegend Zlatnite Mostove – auch Golden Bridges oder Goldene Brücken genannt – stehen wir nun vor einem besonders beeindruckenden Exemplar. Schreibt zumindest Bulgaria Travel. Für uns sind es einfach nur schrecklich viele Steine, die in einer Waldschneise den Hang „hinunterfließen“.
Natürlich hängt an der Bushaltestelle kein Fahrplan. Also zurück zum Restaurant und nach dem Bus fragen. Wieder Kopfschütteln. „Ne raboti avtobus“. Wir fragen den Wirt nach einem Taxi. Doch er wendet sich ab und plappert mit einem Paar mittleren Alters. „Na super, nun werden wir aufgrund mangelnder Bulgarisch-Kenntnisse auch noch ignoriert!“, schießt es mir in den Kopf. Kaum zu Ende gedacht, bedeutet uns das Paar auf Englisch einen Moment zu warten. Sicher rufen sie uns gleich ein Taxi.
Kurze Zeit später sitzen wir auf der Rückbank im Auto des Paares. Die beiden erklären uns, dass die Busse nur am Wochenende während der Hauptsaison bis hier hoch ins Gebirge fahren. Entspannt gleiten wir in der Limousine die kurvigen Straßen ins Tal hinab. An der ersten Bushaltestelle bedanken wir uns überschwänglich und hüpfen in einen klapprigen Bus Richtung Stadtzentrum.
Alle Infos zur Wanderung im Vitosha-Gebirge: Bojana Wasserfall und Goldene Brücken
Das Vitosha-Gebirge verfügt über viele Wanderwege unterschiedlicher Länge und Intensität. Als Erweiterung eines Städtetrips nach Sofia bietet sich die einfache Wanderung Bojana Kirche – Bojana Wasserfall – Goldene Brücken gut an, da diese Route auch recht einfach mit Sneakers bewältigt werden kann.
Länge: ca. 6-7 km
Höhenunterschied: ca. 760 hm
Dauer: ca. 2-2,5 Stunden reine Gehzeit
Schwierigkeitsgrad: einfach (natürlicher Waldweg bis zur Momina Skala Berghütte, Waldwege bzw. Forst- und Wirtschaftswege bis zu den Goldenen Brücken)
Orientierung: durchgehend ausgeschildert/markiert
Einkehrmöglichkeiten: Momina Skala Hütte auf halbem Weg, mind. ein Restaurant an den Goldenen Brücken
Startpunkt: Kirche von Bojana
Lage/Anfahrt: die Kirche von Bojana liegt etwa 9 km südwestlich von Sofias Stadtzentrum. Am einfachsten erreichst du die Kirche mit dem Taxi für umgerechnet etwa 8 – 10 €. Wenn du Zeit und Lust hast, kannst du natürlich auch das Abenteuer „Busfahren in Bulgarien“ angehen. Die Haltestellen sind jedoch ausschließlich in kyrillischer Schrift ausgewiesen und auch die Busfahrer können oft kein Wort Englisch. Der Bus 63 startet 2,5 km außerhalb des Zentrums am Boulevard Tsar Boris III / Ecke Akademik Ivan Evstratiev Geshov Blvd. In ca. 15 – 20 min Fahrtzeit erreicht er das Nationale Historische Museum. Von hier aus bist du in 10 min zu Fuß an der Kirche von Bojana.
1 Kommentar
Die Infos über den Bus sind nicht mehr korrekt.
Er fährt IMMER – In der Woche alle 39 Minuten, am Wochenende in sehr viel kürzeren Abständen.
Wir wohnen selber in Sofia und nehmen den Bus sehr oft, um ins Gebirge zu fahren, Sommer wie Winter