Die Große Mauer in China. Eine der großartigsten und mächtigsten Bauwerke dieser Erde. Und ein Must-See während einer Reise nach Peking. Denn von keinem anderen Ort lässt sich die Mauer besser erkunden, als von Chinas Hauptstadt.
Für unseren Besuch in Peking planten wir vorab zwei Tage ein. Einen, um die Stadt zu besichtigen und einen, um die Große Mauer zu besuchen. Peking hatte uns jedoch unerwartet so gut gefallen, dass uns der Besuch der Mauer fast unwichtig wurde. Aber wir wussten auch, dass wir uns riesig ärgern werden, wenn wir gar nicht hinfahren. Also suchten wir nach einem Weg dorthin, der uns so wenig Zeit wie möglich kosten sollte. Unsere Wahl fiel auf Badaling.
Die Chinesische Mauer bei Badaling
Allein der Name führt bei richtigen Mauerfans schon zu Schnappatmung und dem Aufrichten sämtlicher Nackenhaare. Ein Ausflug an diesen überfüllten und gut restaurierten Mauerabschnitt ist nichts für schwache Nerven. Aber Badaling ist auch nur 70 Kilometer von Peking entfernt und mit dem Bus in 45 Minuten erreichbar. Wir beschlossen also, es zu riskieren.
Unser Plan: eine Stunde hinfahren, eine Stunde Mauer gucken, eine Stunde zurück. So würden uns noch mehr als 6 Stunden bleiben, um gemütlich durch die Hutongs in Peking zu streifen und das tolle Essen zu genießen. So dachten wir zumindest …
Unser (Üb)erlebnisbericht
Eins vorweg: wir haben diesen Wahnsinn überlebt! Und können im Nachhinein sogar herzhaft darüber lachen. Aber seht selbst.
Bus oder Zug?
Eigentlich wollen wir den Zug nach Badaling nehmen. Aber weder das schwergängige und widersprüchliche Internet, noch die Mitarbeiter des Hotels können uns eine verlässliche Information zu den Abfahrtzeiten liefern. Irgendwie ist uns das alles zu vage, wir wollen ja nicht viel Zeit verlieren. Laut Hotel und Reiseführer soll jedoch alle 30 Minuten ein Bus nach Badaling fahren.
Worin sich immerhin durchweg alle einig sind: man sollte so früh wie möglich aufbrechen. Na gut – zwar sind wir am Vortag stolze 25 km durch Peking gelaufen und weit nach MItternacht zu Bett gegangen, doch quälen wir uns trotzdem frühs um sieben wieder aus dem Bett. Und der Jetlag guckt auch noch kurz vorbei – waren wir vorgestern ja noch in Hamburg.
Bus 877 nach Badaling
Abfahrtspunkt von Bus 877 nach Badaling ist am Deshengmen Busbahnhof. Von der Metrostation Guloudajie führt der Weg äußerst umständlich entlang einer großen Hauptverkehrsstraße zur Haltestelle. Müde wie wir sind, folgen wir einfach den vielen aufgeregt und laut schnatternden chinesischen Reisegruppen. Am Abfahrtspunkt angekommen, wollen wir direkt in den Bus steigen, der – oh Zufall – gerade da steht. Aber die Einweiser machen uns laut rufend und mit den Armen fuchtelnd schnell klar, dass wir uns an das Ende einer etwa 200 Meter langen Warteschlange anzustellen haben.
Wir beginnen den Ausflug zu bereuen, geben uns aber nicht geschlagen. Die Vordrängel-Quote ist gering, das Einhalten körperlicher Distanz aber auch. Doch es geht überraschend schnell und bereits 10 Minuten später kommandiert man uns in einen Bus. Abfahrt alle halbe Stunde? Nein, alle 5 Minuten fahren drei vollbesetzte Busse ab. Uns schwant Übles.
Eine Busfahrt die ist lustig, eine Busfahrt die ist schön
Zum Glück wird nur so lange aufgefüllt, bis alle Plätze im Bus besetzt sind. Es muss also niemand stehen. Außer der Ticketkontrolleur mit dem Headset, der muss wohl stehen. Er kassiert 12 Yuan oder tip-tapped die Y Cards (Pekinger Metrocard / 6 Yuan) für die Fahrgäste. Der Bus rollt durch den fließenden Verkehr, es ist mittlerweile halb zehn am Vormittag. Wir lehnen uns entspannt zurück. Soweit so easy und lächeln einander zu.
Doch dann beginnt der Kontrolleur, sein Headset an einen kleinen Lautsprecher zu fummeln. Oh! Nein! Als er hineinspricht, schallt es ohrenbetäubend laut und blechern aus dem kleinen Plastiklautsprecher. Wir wissen nicht, was er genau erzählt, aber es geht bestimmt um die Große Mauer und ihre Geschichte.
Im Bus sitzen außer uns nur chinesische Touristen. Sie lachen ab und zu über Witze und zwischendurch animiert der mittlerweile zum Tour-Guide transformierte Kontrolleur alle Fahrgäste zum Mitmachen bei … irgendetwas. Wir sind natürlich komplett verloren. Dies geht geschlagene 45 Minuten, unsere Ohren fiepen vom blechernen Klang des Lautsprechers. Und plötzlich stehen wir im Stau.
Wahnsinn Badaling
Eine halbe Stunde stehen wir 4 Kilometer vor dem Ziel auf der Stelle. Laufen lohnt sich nicht, die Straße ist zu schmal. Immerhin ist der Lautsprecher stumm, alle sind draußen und rauchen. Dann auf einmal Aufregung und großes Hallo, es geht weiter. Nach 15 zähen Minuten erreichen wir endlich das Ziel. Die Türen gehen auf und der Wahnsinn bricht los. Alle schnell-schnell raus aus dem Bus!
Der Tour-Guide ruft lautstarke Anweisungen durch seinen Lautsprecher. Er wird dabei von weiteren Guides aus anderen Bussen mit denselben blechernen Lautsprechern kräftig unterstützt. Alle müssen zusammenbleiben, damit keiner von einem der geschätzt hundert Bussen überfahren wird. Überall laute und herumwuselnde Menschen. Hunderte, Tausende.
Wir versuchen uns abzusetzen, werden aber ganz schnell wieder eingefangen und in eine 100 Meter lange Schlange eingereiht. Hier stehen wir geschlagene 45 Minuten im Glauben für unser Ticket der Großen Mauer an. Um uns herum wird gerufen, geschubst, gerülpst, geschrien, vor- und herumgedrängelt. Am Schalter verlangt die Dame plötzlich einen deutlich höheren Preis von uns – und wir stellen fest, dass wir am Schalter für die Kombitickets Mauereintritt + Zahnradbahn angestellt wurden. Aaaarggggh!!
Endlich am Weltwunder
Etwas angenervt stapfen wir Richtung Haupteingang. Zunächst müssen wir uns mit hunderten Menschen durch einen engen Korridor drängen, der links und rechts von kitschigen Souvenir- und überteuerten Essenständen flankiert wird. Jetzt bloß nicht an Fluchtwege denken! Das Warten am eigentlichen Schalter für die reinen Mauertickets dauert inklusive Vordränglern nur fünf Minuten (Eintritt 40 Yuan). Am Security-Check drängeln wir jetzt auch einfach mal vor. Und endlich ist es geschafft: die weltberühmte und imposante Chinesische Mauer taucht vor uns auf.
Und uns läuft ein Schauer über den Rücken. Der schwierigere und längere, aber auch schönere Abschnitt nach Norden ist bedeckt mit einer wabernden Menschenmasse, die sich soweit das Auge reicht auf der Mauer entlang schiebt.
Beeindruckende Panoramen von einem gewaltigen Bauwerk
Wir entscheiden an diesem Punkt, unseren Besuch hier so kurz wie möglich zu halten und gehen auf den weniger vollen und kürzeren südlichen Abschnitt. Die Mauer ist wirklich von imposanter Höhe und teils echt schwer zu begehen. Manchmal ist es einfach viel leichter, auf allen Vieren die steilen Stufen zu erklimmen. In Badaling ist jedoch alles restauriert und gut befestigt.
Trotz bedecktem Himmel und leichtem Nebel sind der Ausblick und das Panorama auf die umliegenden grünen Berge äußerst beeindruckend. Wir vergessen sogar für mehrere Momente den ganzen Trubel um uns herum. Dieses monumentale Bauwerk ist in seiner Gänze mehrere tausend Kilometer lang. Unfassbar!
Selfie Time
Die Große Mauer ist ein Touristenmagnet und allein nach Badaling kommen täglich mehrere tausend Besucher. Der Großteil kommt aus den chinesischen Provinzen und anderen zentralasiatischen Ländern. Daher finden uns viele Besucher mindestens genauso spannend wie die Mauer. Besonders Ronny steht mit seinem Bart und den blauen Augen im Fokus der Asiaten. Kleine Kinder sehen ihn oft mit ganz großen Augen an und vergessen alles um sich herum. Nicht selten müssen wir für Selfies und Familienfotos posieren. Und haben dabei auch noch eine Menge Spaß.
Versöhnliches Ende eines verrückten Ausflugs
Die Rückfahrt gestaltet sich absolut unkompliziert. Die Busse fahren ohne scheppernde Lautsprecher im Fünf-Minuten-Takt und bis auf den Fahrer schlafen alle schnell erschöpft auf ihren Sitzen ein. Der Bus fährt auf dem Rückweg eine sehr schöne Strecke, die viele tolle Panoramen auf die Mauer und die Berge bietet. Schade, dass es keine Stopps gibt. Um 15 Uhr sind wir wieder wohlbehalten zurück in Peking und suchen uns im nächstgelegenen Hutong eine kleine Küche, in der wir bei leckerem Essen das Erlebte sacken lassen.
Unser Fazit
Der Mauerabschnitt bei Badaling ist nichts für Romantiker. Aber für all jene, die wenig Zeit haben und einfach nur mal die Große Mauer gesehen haben müssen, ist Badaling die schnellste und einfachste Option.
Wer ein kleines Abenteuer sucht oder gerne mit einer größeren Gruppe Chinesen reist, für den ist eine Vormittagstour mit dem Bus genau das Richtige. Noch heute amüsieren wir uns herzhaft über diesen wahnsinnigen Ausflug.
Mit dem Zug soll man Badaling auch am späten Nachmittag besuchen können. Dann soll es deutlich ruhiger zugehen und zu Sonnenuntergang soll man nahezu allein sein. Ob das wirklich so ist, können wir leider nicht sagen.
Echte Mauerromantiker sollten jedenfalls lieber die wenig bis kaum restaurierten und entfernteren Abschnitte wie zum Beispiel in Jinshanling oder Gubeikou besuchen.
UNSERE BUCHUNGS-TIPPS FÜR DEINE REISE NACH CHINA
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